O. H. Krill – The Krill Papers

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ohkrill

Seit ich von Aliens entführt wurde, höre ich ganz andere Musik

Ufologen anwesend? Nein? Schade. Denn die könnten uns sicher jede Menge interessante Sachen über O. H. Krill erzählen. Und über die Krill Papers. Denn natürlich gibts sowohl den einen wie auch die anderen. Klar. Spätestens seit “Independence Day” wissen wir ja alle, dass es Area 51 tatsächlich gibt. Der Alien, den man damals gefangen genommen hat, hieß O. H. Krill. Vielleicht hatte er nen Personalausweis dabei oder vielleicht sprach er ja auch wie alle im Weltall Amerikanisch. Jedenfalls hat man ihn damals endlos verhört und ihn gezwungen, alles zu sagen, was er so weiß, und das steht alles in den Krill Papers. Wahnsinn, für was Aliens alles verantwortlich gewesen sind auf der Erde.

Die reine Wahrheit ist natürlich auch, dass  O. H. Krill himself Teil der gleichnamigen Band ist, um die es heute geht. Kann sein, dass ein gewisser Max Brennan (Fretless AZM, Universal Being) hier den Bandleader mimt, aber in Wirklichkeit wird alles vom obersten Alien himself gesteuert. Wer glaubt schon, dass dieser Brennan neun verschiedene Instrumente bedient. Geht doch gar nicht. Jede Wette, dass die anderen vier Musiker nie wirklich im Studio waren. Alles ein riesen Cover-Up.

Klar, dass ein stilsicherer Alien wie Krill nicht irgend ein banales Pop Geträller entstehen lässt. Er ist uns ja technisch um Lichtjahre voraus, da kommt dann natürlich ein völlig abgefahrener Fusion Style bei raus. Vermutlich wird davon auch sein UFO angetrieben. Jede Wette. Vor allem, weil das auch nicht dieser billige NuJazz Treibstoff ist, der hier auf der Erde so penetrant die Gehörgänge verklebt.

Wer genau hinschaut, sieht auch die vielen teilweise geheimen Botschaften, die O. H. Krill in den Titeln der einzelnen Stücke versteckt hat. Gleich zu Anfang ist es noch recht deutlich. Kann sich ja jeder denken, warum ein Alien einen Titel “Reaching Up” nennt. Das ist ein klares Bekenntnis, sieht ja jeder. Der Rhythmus mag für uns Erdenmenschen etwas holprig klingen, aber Insider wissen, das ist der beliebteste Rhythmus auf Krills Planeten. Die Trompete klingt für uns auch etwas schräg, im Gegensatz zu den E-Piano-Sounds. Leicht hat er es nicht hier auf der Erde, der Herr Krill. Er schaut hoch in die Sterne, auch Aliens haben Heimweh, frag nur mal ET. An Tagen wie diesen setzt er sich als fünf Musiker hin und jamt sich durch spannend melancholische Fusion Jazz Musik.

Beim zweiten Titel muss man schon etwas recherchieren, in den Krill Papers. “Fet Stoggies” ist ein Mischmasch aus Alien- und Menschensprache und heißt so viel wie “fette Bässe”. Kann man sich aber auch denken, so wie er den Brennan hier auf dem Bass arbeiten lässt. Dazu passen die Saxophonsoli, die Krill James Nye spielen lässt, hervorragend – fast fühlt man sich in so genannte Jazz-Rock Zeiten zurückversetzt. Zeit-Raum-Kontinuum und so.

Beim dritten Titel erlaubt sich der Alien – auch die haben Humor – einen kleinen Scherz. Natürlich ist mit “Broccoli Head” Wernher von Braun gemeint, einer der Gründer der NASA , der Krill immer “Kohlkopf” genannt hat. Weiß auch nicht jeder. Aber zum Glück kommt da keine Space-Marschmusik bei raus, eher lässt Krill den Beat ein wenig lateinamerikanisch hüpfen, gibt Brennan einen Kontrabass samt anspruchsvoller Bassline, und spendiert Vibes wie frisch vom Korallenstrand auf Alpha Centauri.

“Seven Up Swing” erklärt sich leicht so, dass der Metabolismus von Aliens grundlegend anders ist als bei uns, und manche Nahrungsmittel entsprechend anders wirken. Für O. H. Krill ist eine Dose 7up in etwa das gleiche wie für uns eine richtig satte Portion Speed, so von der Wirkung her. Bei diesem Stück gibt es auch entsprechend Tempo, und ein tatsächlich irrsinnig swingendes Zusammenspiel von Drums, Gitarre und Bläsern, die einen wirklich spektakulären Rhythmus bauen, auf dem es sich geradezu kosmisch improvisieren lässt. Da zeigt Krill, wie weit man auf seinem Planeten uns kompositorisch voraus ist. Ganz andere Technik.

Und wenn der Alien mal seine 7up drin hat, setzt er sich gern mal in sein UFO und dreht eine Runde. Wer sollte ihn auch anhalten, gell? Dabei hört er so rasante Percussion-getriebene Jazz Groover wie “Riding High”, das neben der Geschwindigkeit auch ein wenig die Einsamkeit im Weltraum thematisiert. Zwischendurch halbiert er gekonnt das Tempo, so wie er bei solchen Ausflügen auch gern mal mitten im Flug den Antrieb ausschaltet und einfach nur gleitet. Aber dann wird wieder aufs Gaspedal gedrückt (verrückt, das hat er tatsächlich in seinem UFO, sagt er), und man hört Asteroiden vorbeifliegen, wie Trompeten hören sie sich an.

“Visions Of The Divine” ist weniger eine Beschreibung eigener Glaubenswelten, weil Aliens so etwas nicht haben, sondern ein Versuch, das, was er von den Menschen über Gott und so Sachen gelernt hat, in einem Stück Musik auszudrücken. Kein Wunder, dass da eine Sitar zu hören ist, und auch nicht weiter überraschend, dass die Grundstimmung eher verhalten ist, das Tempo reduziert. Da steckt viel Nachdenken drin, wie auch die Keyboards ausdrücken, und vor allem die etwas zweifelnde Trompete andeutet. Also weniger eine Darstellung des Göttlichen, sondern ein Versuch, unsere Haltung zu dem Thema hörbar zu machen.

Dann wird es etwas funky, mit Wah Wah Gitarren und entsprechenden Drumbeats – “Yesterday’s Hero” wird gefeiert. Geheimen Unterlagen zufolge ist hier Klaatu gemeint, ein entfernter Vorfahre Krills, der im Film “Der Tag, an dem die Erde still stand” einen großen Auftritt hatte. Ihm widmet er aber nur ein kurzes Stück Jazz Funk – er hielt nicht viel von ihm.

Dafür hält er sich um so länger beim “Back Room Shuffle” auf, ein Synonym für eine berühmte Verhandlungsrunde bei den Beratungen zur Vereinigung mehrerer Sonnensysteme in 4288 Jahren. Bass und Schlagzeug deuten hier geheime, emsige Verhandlungen an, während das Saxophon die Schwierigkeiten und Langwierigkeiten der Diskussionen thematisiert. Eine galaktische Abordnung nach der anderen wird in teils klagenden, teils virtuosen Soli vorgestellt – man kann sich das komplizierte Ringen um eine Einigung bildhaft vorstellen, so eindringlich sind die Exkursionen des Solisten. Schließlich kommt doch noch deutlich Bewegung in die Sache und die Debatte gewinnt an Intensität. Wortgefechte, Ringen um Dominanz im Diskurs, deutlich intensivere Beiträge aus den hinteren Reihen, von Bass und Schlagwerk – doch dann ebbt die Aufregung wieder ab, die Verträge werden aufgesetzt. Krill kann weiterreisen. Richtung Vergangenheit, Richtung Erde.

Es ist anzunehmen, dass dieses Album nicht eben jedem große Freude bringt – es ist speziell, anspruchsvoll, eigenwillig. Aber es gehört zum Besten, was je auf DC Recordings veröffentlicht wurde, und da gab es auch sonst viel Gutes. Vor allem: Jetzt wissen wir – der Alien in Area 51 ist ein Space Fusion Jazz Musiker erster Güte.

O. H. KRILL – THE KRILL PAPERS – DC RECORDINGS – DC34LP – 7/10

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